Aus dem alten Ägypten sind Gerüste aus Holzstangen und Brettern, die mit Seilen und Weidenzweigen verbunden wurden, bekannt.
Im Mittelalter kamen Stangengerüste aus Holz zum Einsatz. Senkrechte Holzstützen wurden mit Querriegeln verschnürt. Leonardo da Vinci entwarf Gerüste für die verschiedensten Einsatzzwecke.
Im 19. Jahrhundert entstanden Leitergerüste aus Holz und zerlegbare Stahlrohrkombinationen. Die Stahlrohrkombinationen entwickelten sich besonders mit dem Hochhausbau in Amerika.
In Europa wurden zu Beginn der 1930er Jahre erstmals Stahlrohrkupplungsgerüste eingesetzt. Diese Bauart hat sich bis heute erhalten.
1952 wurde in Deutschland das erste Systemgerüst entwickelt. Verschiedene Bauteile können im Baukastenprinzip zu den erforderlichen Gerüsten kombiniert werden. Jedes Jahr entwickeln Anbieter neue Bauteile und passen ihre Systeme so den aktuellen Erfordernissen an.
Wichtige Gerüstbauteile sind zum Beispiel Konsolen, mit denen die Gerüste verbreitert werden können oder Fussgängertunnel. Fußgängertunnel werden oft auf Bürgersteigen aufgestellt. Der Bürgersteig kann dann weiter genutzt werden. Über dem Fußgängertunnel ragt das Gerüst in die Höhe.
So wie vor Tausenden von Jahren dienen Gerüste heute dem Zugang zu sonst unzugänglichen Stellen und dem kollektiven Fallschutz. Sehr oft grenzen Gerüste die Baustelle zum öffentlichen Verkehrsraum ab. Hier schützt das Gerüst sowohl die Bauarbeiter als auch den öffentlichen Verkehrsraum vor herabfallenden Materialien und Werkzeug.
Entsprechend dem Einsatzzweck werden Gerüste in Lastgruppen eingeteilt. Die Lastgruppe gibt die höchstmögliche Belastung je Flächeneinheit an.
Leichte Gerüste werden heute auch aus Aluminium hergestellt. Der Einsatz von Aluminium spart natürlich Gewicht und erleichtert das Aufbauen. Allerdings können Aluminiumgerüste nicht so stark wie die bewährten Stahlgerüste belastet werden. Auch in der Höhe sind Aluminiumgerüste beschränkt.
Systemgerüste haben in ihrer Zulassung eine Typenstatik. Nach dieser kann das Gerüst jederzeit aufgebaut werden. In dieser Zulassung wird unter anderem die erforderliche Verankerung oder Absteifung beschrieben. Für Sonderfälle, welche nicht durch die Typenstatik abgedeckt werden, muss eine Statik erstellt werden, um die Standsicherheit des Gerüsts zu gewährleisten.
Sonderanwendungen sind zum Beispiel Wetterdächer, durch diese kann ein Gebäude eingehaust werden. Die Bauarbeiten sind somit witterungsunabhängiger. Schließt man die Fassade noch mit Planen, so kann man den Raum im Gerüst beheizen oder auch klimatisieren.
Die Kosten für ein Gerüst sind natürlich nicht zu unterschätzen. So kostet ein „normales“ Fassadengerüst zwischen 4 und 8 € je m2 einzurüstender Fläche. Hinzu kommen die Kosten für Konsolen, Fußgängertunnel und andere Anbauteile. Im Preis sind üblicherweise 4 Wochen Vorhaltezeit enthalten. Nach dieser Grundvorhaltungszeit fällt eine Längermiete an. Diese beträgt in etwa 7 bis 10 % des Grundpreises. Bei Unterbrechungen von mehr als 14 Wochen lohnt es sich also, das Gerüst zu demontieren und nach der Unterbrechung wieder aufzubauen.
Frohburg im April 2018
Hans-Jörg Köhler