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Hin und wieder erhalten Sachverständige Anfragen in etwa diesem Wortlaut: „Das Dach hat gar keine Hinterlüftung – das ist doch falsch, oder?“
Wie so oft kommt es auch hierbei immer auf den Einzelfall an. Als in den 1970er Jahren begonnen wurde, unter Ziegeldächern eine Unterspannung anzuordnen, bestand diese in der Regel aus diffusionsdichten Folien.
Es kam vor, dass durch die Dämmschichten Raumfeuchte diffundierte und sich an der Unterspannbahn niederschlug – Feuchteschäden waren keine Seltenheit.

 

Das „Geheimnis“: Die Luftschicht

Aus diesem Grund wurde zwischen der Unterspannbahn und der Dämmung eine Luftschicht angeordnet und diese im Trauf- und im Firstbereich an die Außenluft angeschlossen. Durch den entstehenden Auftrieb wurde die eindiffundierte Luftfeuchte abtransportiert. Diese Luftschicht nannte man „Hinterlüftung“ (der Unterspannbahn). Die Luftschicht erzeugte man dadurch, dass man die Sparren einfach nicht vollständig ausdämmte.
Eine weitere Luftschicht wurde mit Hilfe von Konterlatten oberhalb Unterspannbahn erzeugt (Vorderlüftung). Mit Hilfe dieser Luftschicht, die ebenfalls an im Trauf- und Firstbereich an die Außenluft angeschlossen wird, wird die Dacheindeckung hinterlüftet. Dachziegel oder Betonsteine, die bei lang andauernden Regen innen feucht werden können, trocknen schneller ab. Die Lebensdauer der Dacheindeckung wird verlängert. Eine bauphysikalische Funktion darüber hinaus hatte die Vorderlüftung nicht.
Durch die Anordnung der Hinterlüftung verschenkte man regelmäßig mögliche Dämmstärke zwischen den Sparren. Daraus folgend wurden Unterspannbahnen aus Spinnvlies, welche diffusionsoffen sind, entwickelt. Vorreiter war hier die Firma DuPont mit ihrem Produkt „Tyvek“.
In den Dachaufbau eindiffundiertes Wasser kann durch die Unterspannbahn diffundieren und wird durch die Vorderlüftung abgeführt. Die Vorderlüftung wird dadurch bauphysikalisch relevant.
Gegen Ende der 1990er hatte sich diese Bauweise weitestgehend durchgesetzt.

 

Kommt Zeit, kommt Wissen

Inzwischen hatte man aber erkannt, dass durch Konvexion bedeutend mehr Feuchte transportiert werden kann als durch Diffussion. Insbesondere lässt sich der Feuchte- und Wärmetransport durch Konvexion nicht quantifizieren. So wurde auf die Ausbildung der Dampf- und Luftsperre ein verstärktes Augenmerk gelegt. Durch eine diffussionsdichte, an allen Details luftdicht angeschlossene Luftsperre wird ein Eindringen von Feuchte in den Dachaufbau verhindert.
Die Faustregel besagt: Innen um das Sechsfache dichter als außen. Die Vorderlüftung zwischen Dachziegel und Unterspannbahn hat somit wieder nur noch eine marginale bauphysikalische Funktion.
Die Frage, ob eine Hinterlüftung im konkreten Einzelfall erforderlich ist, ist mit diesen allgemeinen Erörterungen natürlich nicht zu beantworten.

 

Frohburg, im Januar 2023
Hans-Jörg Köhler